Dieses Blog durchsuchen

Freitag, 14. Februar 2020

KLOVN – THE FINAL – Irrnsinn, Peinlichkeit und Lügen

© Nutmeg Movies

KLOVN – THE FINAL (DK 2020) ist das letzte Kapitel der Saga um Frank und Casper, den beiden Freunden, Kollegen und Geschäftspartnern. Frank, der Clown, der von einem verbalen und realen Fettnäpfchen ins andere tritt, ob er nun zur Not in ein Katzenklo scheißt, einem moslemischen Jungen von seinen Schinkenbacon-Knabbergebäck etwas abgibt oder sich mit der Nagelfeile der Ehefrau Butter aufs Brot schmiert. Und Casper, der professionelle Lügner und frauenbesessene Casanova, der durch seine wilden Ideen Franks Leben interessanter, aber auch unendlich komplizierter macht, vor allem, wenn es darum geht, die eigenen Missetaten vor Ehefrau Mia geheimzuhalten oder zu rechtfertigen.

Alles fing 2005 an mit einer ersten von im Ganzen sieben TV-Staffeln mit siebzig Folgen, und damit erfanden Frank Hvam und Casper Christensen männliche Peinlichkeit und Zuschauer-Fremdschämen ganz und gar neu. Unverzichtbar dabei Mia Lyhne als Mia, Franks Frau, die irgendwie alles mit einem Seufzen schluckt. Dabei guckt man hinter die Fassade einer wohlbetuchten, bürgerlichen, dänischen Wohnsiedlung mit den Freunden, die man da hat, den feinen Ritualen und Benimmregeln, denen man dort anhängt, und hinter der scheinbar sauber geordneten Normalität scheint der dysfunktionale Wahnsinn durch. In KLOVN ist nicht alles von vorn herein geschrieben, wie bei den normalen Sitcoms, hier wird improvisiert, dadurch entsteht oft ein unnachahmliches Zögern, ein Augenblick der Peinlichkeit, des Exzesses, etwas Spontanes, was unter der Regie von Mikkel Nørgaard quasi-dokumentarisch eingefangen wird. Und über die Frage, wieso diese weltbeste aller Sitcoms es nie von Dänemark nach Deutschland geschafft hat, nicht mal auf einen klitzekleinen Nischensender, könnte man wohl eine soziologisch-psychologische Abhandlung verfassen.

Zwei Spielfilme gab es zwischendurch. KLOVN – THE MOVIE (DK 2010) und KLOVN FOREVER (DK 2016). KLOVN – THE FINAL ist also der dritte Spielfilm zur Serie, selbst AKTE X hat es nur auf zwei Spielfilme gebracht! Doch die vorherigen Kinofilme waren bemüht, sich vom Minimalismus und der Sparsamkeit der Serie durch Schauwerte und ein gewisses Mehr abzusetzen, weshalb ich im Gegensatz zur Serie auch von den Kinowerken nicht so ein großer Fan bin. Aber jetzt geht man hier zurück auf die Essenz, das Wesentliche. In der Hauptsache eben zwei Männer, die nicht etwa nicht erwachsen werden wollen, nein, die gar nicht wissen, wie das geht. Und mit einem größeren erzählerischen Bogen innerhalb von knapp 100 Minuten kommt man den beiden zum Abschluss noch einmal richtig nahe.

Es beginnt mit schmerzhaft realistischer Ehe-Routine zwischen Frank, der sich auf die große Feier zu seinem 50.Geburtstag freut, und Mia, die ein bisschen „hygge hygge“ machen will, was sich zu anstrengender rückenverrenkender Arbeit entwickelt und lieber vorzeitig abgebrochen wird. Man hat sich eingerichtet und friedlich schlafen im Ehebett ist was Schönes. Zum Geburtstag gibt es einen Rasentraktor, und Frank tut nicht mal so, als freute er sich, sondern droht seiner Frau mit einem Staubsauger zu ihrem eigenen Geburtstag, als müsste er ihr etwas heimzahlen. Und als Quittung erfährt er ausgerechnet an seinem großen Tag das, was als Drohung über dem ganzen Film schweben wird: Mia denkt über Scheidung nach. Sie will einen Mann, der sie sieht, der sie begehrt. Damit wird sie die heimliche Hauptfigur, um die sich alles dreht. Franks Welt scheint zusammenzubrechen. Aufheiterung scheint mal wieder von Casper zu kommen, der Frank einen Angeltrip nach Island schenkt, wohinter sich natürlich etwas anderes verbirgt und zwar eine waschechte internationale Schlampen-Party in Reykjavik.

Da Frank den Unterschied zwischen Nacken und Hintern nicht zu kennen scheint, fliegen sie aus dem Kopenhagener Flughafen. Das war's dann mit Island. Aber sie wollen partout nicht nach Hause. Und dann blüht das KLOVN-Universum auf. Der Film dringt noch einmal tief ein in dessen geistiges Zentrum. Da ist einmal der kindlich-fröhliche Irrsinn: Sie ziehen heimlich in eine leer stehende Nachbarwohnung ein, sodass Frank seine Familie beobachten kann. Und da leben die beiden, ernähren sich von einem Monatsvorrat an Frühlingsrollen. Und dann fängt auch noch der Arsch an zu jucken. Ein Vulkanausbruch in Island verlängert die fiktive Reise auf einen geschlagenen Monat. Auf die vorgetäuschte Rückkehr folgen dann die Lügen, wobei sie sich in ihren eigenen Geschichten so sehr verstricken, dass es einfach zu anstrengend wird, weshalb eine Krebserkrankung direkt vorzuziehen wäre. Und das dritte ist die unendlich große, schmerzhafte Peinlichkeit, wenn nach und nach die Lügen aufgedeckt werden. Und ganz am Schluss wird einem klar, dass man besser nicht so viele Fotos auf sein Smartphone packt. Man weiß nie, auf welcher Party man plötzlich gezwungen wird, sie zu zeigen. Das alles ist so wahr, so komisch, tragisch, so echt und auch so grausam. Wie das Leben eben. Ein würdiger, großartiger Abschluss.