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KLOVN – THE FINAL
(DK 2020) ist das letzte Kapitel der Saga um Frank und Casper, den
beiden Freunden, Kollegen und Geschäftspartnern. Frank, der Clown,
der von einem verbalen und realen Fettnäpfchen ins andere tritt, ob
er nun zur Not in ein Katzenklo scheißt, einem moslemischen Jungen
von seinen Schinkenbacon-Knabbergebäck etwas abgibt oder sich mit
der Nagelfeile der Ehefrau Butter aufs Brot schmiert. Und Casper, der
professionelle Lügner und frauenbesessene Casanova, der durch seine
wilden Ideen Franks Leben interessanter, aber auch unendlich
komplizierter macht, vor allem, wenn es darum geht, die eigenen
Missetaten vor Ehefrau Mia geheimzuhalten oder zu rechtfertigen.
Alles fing 2005 an mit
einer ersten von im Ganzen sieben TV-Staffeln mit siebzig Folgen,
und damit erfanden Frank Hvam und Casper Christensen männliche
Peinlichkeit und Zuschauer-Fremdschämen ganz und gar neu.
Unverzichtbar dabei Mia Lyhne als Mia, Franks Frau, die irgendwie
alles mit einem Seufzen schluckt. Dabei guckt man hinter die Fassade
einer wohlbetuchten, bürgerlichen, dänischen Wohnsiedlung mit den
Freunden, die man da hat, den feinen Ritualen und Benimmregeln, denen
man dort anhängt, und hinter der scheinbar sauber geordneten
Normalität scheint der dysfunktionale Wahnsinn durch. In KLOVN ist
nicht alles von vorn herein geschrieben, wie bei den normalen
Sitcoms, hier wird improvisiert, dadurch entsteht oft ein unnachahmliches
Zögern, ein Augenblick der Peinlichkeit, des Exzesses, etwas
Spontanes, was unter der Regie von Mikkel Nørgaard
quasi-dokumentarisch eingefangen wird. Und
über die Frage, wieso diese weltbeste aller Sitcoms es nie von Dänemark nach
Deutschland geschafft hat, nicht mal auf einen klitzekleinen
Nischensender, könnte man wohl eine soziologisch-psychologische
Abhandlung verfassen.
Zwei
Spielfilme gab es zwischendurch. KLOVN – THE MOVIE (DK 2010) und
KLOVN FOREVER (DK 2016). KLOVN – THE FINAL ist also der dritte
Spielfilm zur Serie, selbst AKTE X hat es nur auf zwei Spielfilme
gebracht! Doch die vorherigen Kinofilme waren bemüht, sich vom
Minimalismus und der Sparsamkeit der Serie durch Schauwerte und ein
gewisses Mehr abzusetzen, weshalb ich im Gegensatz zur Serie auch von
den Kinowerken nicht so ein großer Fan bin. Aber jetzt geht man hier
zurück auf die Essenz, das Wesentliche. In der Hauptsache eben zwei
Männer, die nicht etwa nicht erwachsen werden wollen, nein, die gar
nicht wissen, wie das geht. Und mit einem größeren erzählerischen
Bogen innerhalb von knapp 100 Minuten kommt man den beiden zum
Abschluss noch einmal richtig nahe.
Es beginnt
mit schmerzhaft realistischer Ehe-Routine zwischen Frank, der sich
auf die große Feier zu seinem 50.Geburtstag freut, und Mia, die ein
bisschen „hygge hygge“ machen will, was sich zu anstrengender
rückenverrenkender Arbeit entwickelt und lieber vorzeitig
abgebrochen wird. Man hat sich eingerichtet und friedlich schlafen im
Ehebett ist was Schönes. Zum Geburtstag gibt es einen Rasentraktor,
und Frank tut nicht mal so, als freute er sich, sondern droht seiner
Frau mit einem Staubsauger zu ihrem eigenen Geburtstag, als müsste
er ihr etwas heimzahlen. Und als Quittung erfährt er ausgerechnet an
seinem großen Tag das, was als Drohung über dem ganzen Film
schweben wird: Mia denkt über Scheidung nach. Sie will einen Mann,
der sie sieht, der sie begehrt. Damit wird sie die heimliche Hauptfigur, um die sich alles dreht. Franks Welt scheint
zusammenzubrechen. Aufheiterung scheint mal wieder von Casper zu
kommen, der Frank einen Angeltrip nach Island schenkt, wohinter sich
natürlich etwas anderes verbirgt und zwar eine waschechte
internationale Schlampen-Party in Reykjavik.
Da Frank den
Unterschied zwischen Nacken und Hintern nicht zu kennen scheint,
fliegen sie aus dem Kopenhagener Flughafen. Das war's dann mit
Island. Aber sie wollen partout nicht nach Hause. Und dann blüht das
KLOVN-Universum auf. Der Film dringt noch einmal tief ein in dessen
geistiges Zentrum. Da ist einmal der kindlich-fröhliche Irrsinn:
Sie ziehen heimlich in eine leer stehende Nachbarwohnung ein, sodass
Frank seine Familie beobachten kann. Und da leben die beiden,
ernähren sich von einem Monatsvorrat an Frühlingsrollen. Und dann
fängt auch noch der Arsch an zu jucken. Ein Vulkanausbruch in Island
verlängert die fiktive Reise auf einen geschlagenen Monat. Auf die
vorgetäuschte Rückkehr folgen dann die Lügen, wobei sie sich in
ihren eigenen Geschichten so sehr verstricken, dass es einfach zu anstrengend
wird, weshalb eine Krebserkrankung direkt vorzuziehen wäre. Und das
dritte ist die unendlich große, schmerzhafte Peinlichkeit, wenn nach
und nach die Lügen aufgedeckt werden. Und ganz am Schluss wird einem
klar, dass man besser nicht so viele Fotos auf sein Smartphone packt.
Man weiß nie, auf welcher Party man plötzlich gezwungen wird, sie
zu zeigen. Das alles ist so wahr, so komisch, tragisch, so echt und auch so
grausam. Wie das Leben eben. Ein würdiger, großartiger Abschluss.