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Donnerstag, 9. Juni 2022

HVIDSTENGRUPPEN II – DE EFTERLADTE – Nacht und Nebel

 

Hvidsten ist ein kleiner dänischer Ort bei Randers in Mitteljütland. Eine Gruppe von Dänen, freundschaftlich und familiär verbunden, bildete hier von 1943-1944 eine geschlossene Widerstandsgruppe. Nach dem Ort nannte man sie später "Hvidstengruppe" und so heißen auch die beiden Filme HVIDSTENGRUPPEN (2012/2022), die von den Geschehnissen bis in die frühe Nachkriegszeit erzählen. Der erste Teil aus dem Jahre 2012 handelt von der bekannteren Geschichte über die dänischen Zivilisten, die den Engländern behilflich sind und so in den Widerstand rutschen. Irgendwann werden sie aufgespürt, verhaftet und in Kopenhagen vor Gericht gestellt. Es endet mit Todesurteilen für alle Männer.

Der zweite Teil jetzt schildert weniger bekannte Geschehnisse und schließt direkt an den ersten Teil an. Inszeniert wurde er auch von Anne-Grethe Bjarup Riis. Zwei junge Frauen entgehen zwar dem Henker, müssen aber ins grausame Frauengefängnis, und nach der Entlassung der Jüngsten, durch die Hilfe eines Pastors, bleibt noch eine zurück, die bis zum Ende des Krieges die Hölle erlebt und mit ansieht. Das alles beruht auf Tatsachen, Dokumenten wie Notizen, Tagebüchern, Briefen.

Parallel zu den Erlebnissen im Frauengefängnis bemüht sich die Mutter um die Freilassung der beiden, was sich ohne Hilfe durch Geistliche und das Rote Kreuz nicht hätte machen lassen. Sie setzt dafür alle in Bewegung, doch die deutsche Schreckenspolitik macht es fast unmöglich, denn die beiden Frauen sind im Nacht- und Nebel-Programm gelandet, bei dem man spurlos verschwindet, wo man von einer Stadt in die nächste verschleppt, vielleicht sogar hingerichtet wird. Der Ausdruck Nacht und Nebel setzte sich eigentlich erst nach dem Krieg durch, aber auf jeden Fall beruhte das Ganze auf einem Erlass Hitlers, der Unsicherheit und Terror verbreiten sollte.

Im absoluten Mittelpunkt des Films stehen der Sadismus und die offensichtliche Freude am Quälen, die die weiblichen deutschen Mitarbeiter kennzeichnet. Die pausenlose grausame Behandlung durch Wärterinnen nimmt kein Ende. Hunger, Krankheit, Tod sind Normalzustände. Alles besteht aus Psychoterror, aus ständiger Demütigung. Die Folterer und Mörder arbeiten konsequent mit Angst. Da hat man eine Zeit lang den Ausblick auf die Guillotine im Gefängnishof. Kräftige, bissige Hunde jagen hinter den Gefangenen her. Der Film geht weit im Zeigen von Gewalt, Folter. menschenverachtendem Verhalten und überschreitet zwischendurch die Grenze des Zeigbaren. Und auch wenn Hilfsbereitschaft und Solidarität zwischen den Gefangenen eine große Rolle spielt, kann das Grausame auf Dauer zu einer gewissen Abgestumpftheit beim Zuschauer führen.

Gleichzeitig handelt es sich im Angesicht von Trümmern und herannahender Niederlage um einen Film über das Ende des Dritten Reiches. Und hier wird es ambivalent. Bei ihrer Verschleppung von einem deutschen Ort zum anderen kommen sie auch durch Kiel, wo alles zu Schutt und Asche geschossen wird. Die Unterschiede zwischen einfachem Soldat und Gefangenen beginnen sich langsam aufzulösen. Ein junger Soldat sagt, dass er sie beneide. Auf ihre Verständnislosigkeit hin erklärt er, dass sie jedenfalls aus Kiel herauskämen, während er selbst rettungslos mitten in der tödlichen Zerstörung sitzt, bis alles vorbei ist. Seine Familie wäre schon tot.

Und es gibt auch kein wirkliches Happy End trotz Befreiung durch das Rote Kreuz. Ein Massaker durch einen Angriff amerikanischer Jagdflieger, für die es sich bei dem Konvoi um getarnte Nazis handelt, dezimiert die Gruppe der Flüchtlinge beträchtlich. Und nach dem Krieg kann dann zwar endlich ein Gedenkgottesdienst für die toten Männer abgehalten werden. Da fallen die Worte „Sie sind für uns gestorben“. Heroische Worte, die durch das Schicksal der Heldin seltsam klingen. Sie wird die psychischen Wunden lange, wenn nicht ewig, tragen. Den Kontakt zu ihrer Tochter, die sie nicht als Mutter wahr- und annimmt, hat sie erst einmal verloren. Ihre Hände streicheln die leere Krippe neben ihrem Ehebett, in dem sie völlig einsam liegt. Trotz all der Kraft und Hoffnung, mit der sie das alles überstanden hat, bleibt ihr erst einmal nichts außer dem einfachen Leben.